Verstärker (VCA) und Hüllkurvengeneratoren (EG)





Beim Verstärker eines subtraktiven Synthesizers handelt es sich um einen
passiven Verstärker, das heißt, er lässt das Eingangssignal entweder durch oder
dämpft es ab. Ein passiver Verstärker kann nicht verstärken. Hinter dem VCA
befindet sich ein Gain-Regler, der die Hauptlautstärke des Synthesizers bestimmt.
Der Verstärker ist spannungsgesteuert, daher auch sein Name VCA (engl. Voltage
Controlled Amplifier). Im digitalen Bereich wird er auch als DCA bezeichnet (engl.
Digital Controlled Amplifier).
Der VCA dient bei Audiomaterial zum regeln der Lautstärke des Signals. Da
Audiomaterial auch nur eine modulierte Spannung ist, ist es nicht auszuschließen,
in den VCA auch andere Signale in Form von Spannung zu schicken.
Es wird lediglich die Amplitude beeinflusst. Somit ist es auch möglich Modulationskurven
zu regulieren. Lässt man zum Beispiel die Grenzfrequenz eines Filters durch einen
LFO modulieren (siehe 5.6.1 Modulationsmatrix / Filter Wah) und setzt zwischen
LFO und Filter einen VCA, dann regelt der VCA die Intensität der Modulation durch
den LFO.
Der VCA hat einen seperaten Eingang, über den er auf eine Steuerspannung
reagiert.
Durch diese Steuerspannung bzw. die Hüllkurve kann die Dämpfung bzw.
die passive Verstärkung des VCAs gesteuert werden. Ändert sich die
Steuerspannung, dann ändert sich der Pegel entsprechend. Man spricht deswegen
auch von einem „dynamischen Verstärker“.
Dies führt uns direkt zu den Hüllkurvengeneratoren.

 

Hüllkurvengeneratoren

Lieferanten einer Steuerspannung bzw. einer Hüllkurve sind sogenannte
Hüllkurvengeneratoren. Sie werden auch als Envelope Generator bezeichnet, kurz
EG. Die Hüllkurve des VCAs bestimmt die Pegelintensität des Signals. Der
eigentliche Sinn beim Einsatz von Hüllkurven besteht darin, dynamische Abläufe
zu erzeugen. Der Klang bekommt dadurch vor allem Lebendigkeit und klingt
weniger monoton. Welche Parameter dynamisch verändert werden hängt von der
entsprechenden Zuweisung der Hüllkurve ab.
Eine Eigenschaft der Hüllkurvengeneratoren ist, dass diese gleichzeitig mit einem
Tastenanschlag starten. Das heißt die Hüllkurve startet jedes Mal mit einem
Tastenanschlag neu, sofern in diesem Moment keine weiteren Tasten mehr
gedrückt sind. Dies ist ein großer Vorteil, denn dadurch, können
Spannungsverläufe generiert werden, die dem Klang bei jedem neuen Anschlagen
der Tasten einen bestimmten Klangverlauf geben!
Dem VCA ist klassisch eine Hüllkurve zugeordnet – die sogenannte VCAHüllkurve.
Dadurch wird der Ausgangspegel des VCAs durch diese Hüllkurve
gesteuert. Der Verlauf dieser Hüllkurve ist somit für die Lautstärke des
Synthesizers verantwortlich.
Eine Hüllkurve existiert klassisch auch für den VCF, die VCF-Hüllkurve, auch VCFEnvelope
genannt oder VCF-EG (engl. Voltage Controlled Filter Envelope
Generator).
Manche Synthesizer bieten mehrere Hüllkurvengeneratoren an, welche mittels
entsprechender Verkabelung an der Geräterückseite oder Routingmatrix
zugeordnet werden können.
Filterverläufe sind bei der Gestaltung eines Klanges sehr wichtig. Die VCFHüllkurve
erlaubt eine dynamische Bearbeitung des Obertonspektrums des
Signals. Die Steuerspannung des VCF beeinflusst die Grenzfrequenz des VCFs.
Auch einzelne Modulationsparameter können über eine Hüllkurve moduliert
werden. Zum Beispiel die LFO-Rate oder der Resonanzfaktor des Filters kann sich
in Abhängigkeit der Steuerspannung ändern. CD Titel 15 zeigt ein Hörbeispiel, in
dem die VCF-Hüllkurve gleichzeitig den VCF, den Resonanzfaktor des Filters und
die LFO-Rate moduliert. Der LFO moduliert die Amplitude des Oszillators. Es
entsteht ein künstlicher recht lebendiger Klang. Klingt etwas nach einer Art
Synthesizer mit „Spin-Effekt“. Was hier passiert ist folgendes, in der Attackphase
macht der Filter auf und während dieser Phase steigt gleichzeitig die
Filterresonanz. Die LFO-Rate steigt parallel zur Filterresonanz. Somit wird die
Lautstärke schneller durch den LFO in höheren Frequenzen moduliert als in tiefen.
Manche natürlich erzeugten Klänge werden beim Ausklingen dumpfer,
beispielsweise der Klang eines Klaviers. Manche Klänge brauchen eine bestimmte
Zeit um ihren vollen Obertongehalt zu entfalten, z.B. eine Trompete.
Dementsprechend würde man bei der Imitation von natürlichen Instrumenten auch
den Filterverlauf gestalten.
Manche Synthesizer haben mehrere Filter und entsprechend mehrere
Filterhüllkurven.
Vereinzelt bieten Synthesizer auch eine Funktion an zum Invertieren der Hüllkurve.
In so einem Fall wird praktisch ein Minus vor die Spannung gesetzt. Die Spannung
wird um 180° in der Phase gedreht. Daraus resultiert lediglich eine umgekehrte
Steuerspannung.
Einige Synthesizer bieten auch die Option anhand eines Amount-Reglers die
Intensität der Modulation durch eine Hüllkurve zu bestimmen. Somit befindet sich
hinter dem Ausgang dieser Hüllkurve ebenfalls ein passiver Verstärker.
Die Hüllkurven sind entweder fest zugeordnet oder frei zuordenbar.
Im Laufe der historischen Entwicklung entstanden unterschiedliche Hüllkurven
welche im Folgenden näher erläutert werden.

ADSR Hüllkurve

Die ADSR-Hüllkurve ist heute die gängigste Hüllkurven-Art. Dieser Hüllkurve sind
vier Parameter zugeordnet: Attack, Decay, Sustain und Release.
Attack bestimmt die Einschwingzeit des Signals von 0% auf 100%. Je kürzer die
Attackzeit ist, desto härter, desto perkussiver ist das Signal. Je länger die
Attackzeit ist, desto weicher und sanfter ist das Einschwingen. Decay ist die
Abklingzeit. Diese bestimmt die Zeit, in der die Spannung von 100% auf den
eingestellten Sustain-Level fällt. Der Sustain-Level bestimmt den Pegel, der bis
zum Loslassen der Keyboardtaste ausgegeben wird. Die Releasezeit legt die
Dauer des Ausklangs eines Signals fest. Also die Zeit, in der die Spannung vom
Sustain-Level auf 0% abfällt. Der Releasezeit beginnt immer mit dem Loslassen
der Keyboardtaste.
Je kürzer die Releasezeit ist, desto abrupter ist der Ausklang – umso abgehackter
Klingt das Signal beim Loslassen der Keyboardtaste. Bei entsprechendem Spielen
kann dies sehr interessant sein. An bestimmten Stellen in einem Song können
Spielereien mit dem Releaseparameter sehr interessant wirken.

ADS-Hüllkurve

Diese Hüllkurve ist vor allem bei Moog Synthesizern sehr verbreitet. Sie beinhaltet
drei Parameter zur Beeinflussung eines Spannungsverlaufs. Diese sind Attack,
Decay und Sustain. Bei einem Minimoog muss auf ein Release dennoch nicht
komplett verzichtet werden, da die Decayzeit gleichzeitig als Releasezeit dienen
kann. (Genauere Informationen siehe Filterhüllkurve)

AR-Hüllkurve

Dies stellt die einfachste Hüllkurvenvariante dar. Lediglich durch zwei Parameter
kann der Spannungsverlauf der Hüllkurve manipuliert werden. Es kann nur auf das
Einschwingen und das Ausklingen des Signal eingewirkt werden, also Attack und
Release.

Mehrstufen-Hüllkurven

Sogenannte Mehrstufen-Hüllkurven (engl. Multi Envelope) stellen eher eine seltene
Besonderheit dar. Die Parameter sind unterschiedlich. Beispielsweise sind die
Mehrstufigen Hülllkurven beim Nord Modular G2 fünf-stufige Zeit- und
Pegelhüllkurven. Das heißt es können praktisch genauere Spannungsverläufe
erzeugt werden. Hier sind außergewöhnliche Hüllkurven möglich im Gegensatz zu
einer ADSR-Hüllkurve, wobei das Einstellen einer Mehrstufen-Hüllkurve etwas
gewöhnungsbedürftig ist.
Manche Synthesizer erlauben auch loopen von Teilen der Hüllkurve, dies stellt
eine sehr interessante Modulationsquelle dar!

AHD-Hüllkurve

Diese Hüllkurve hat drei Parameter. Attack, Hold und Decay. Attack ist hier auch
klassisch für die Zeit des Spannungsanstiegs auf 100% verantwortlich. Der Hold-
Parameter bestimmt nun die Zeit, wielange die 100%, also der Maximalpegel,
gehalten wird. Decay regelt nun wieder das Abklingen.